Die Unternehmensnachfolge gemeinsam mit einem Eigenkapitalgeber zu gestalten, hat viele Vorteile. So können Sie die Finanzierung und die Übergabemodalitäten sehr flexibel gestalten – vorausgesetzt, Sie haben den passenden Finanzinvestor ausgewählt. Worauf es ankommt.
Formale Kriterien
Viele Eigenkapitalgeber investieren nur in bestimmte Größenklassen wie gehobener Mittelstand oder Branchen, z.B. Technologieunternehmen. Manche beschränken sich zudem auf ausgewählte Situationen – beispielsweise die Unternehmensnachfolge. Die meisten Finanzinvestoren akzeptieren zudem nur Mehrheitsbeteiligungen. Doch gibt es auch ausgewählte Eigenkapitalgeber im Mittelstand, die Minderheitsbeteiligungen und Mezzanine-Finanzierungen eingehen.
Kaufpreis-Verlässlichkeit
Das einfachste Auswahlkriterium, mit wem Sie in vertiefte Gespräche gehen möchten, wäre die Kaufpreis-Indikation der Interessenten. Doch hier ist Vorsicht geboten, denn es bleibt selten bei dem in dieser frühen Phase genannten Kaufpreis. Mancher Eigenkapitalgeber wird den Preis mit wortreichen Begründungen im Verlauf der Due Diligence deutlich nach unten korrigieren, sobald er es bei Ihnen in den engeren Käuferkreis geschafft hat. Achten Sie hier auf die Reputation und Historie des Investors.
Finanzielle Flexibilität
Die besten Wachstumspläne können in Zeiten von politischer Unsicherheit und technologischer Disruption schnell Makulatur sein. Umso wichtiger ist es, einen Finanzpartner an der Seite zu haben, der schnell handeln kann und die notwendige Finanzkraft hat, auf Veränderungen angemessen zu reagieren. Achten Sie darauf, wie Ihr Eigenkapitalgeber sich in der Vergangenheit bei Planverzögerungen verhalten hat. Wurde eine Finanzierung abgelehnt, nur weil er eine fest definierte Fondslaufzeit berücksichtigen musste? Fehlte ihm das Netzwerk, eine Akquisitionsfinanzierung im geforderten Umfang auf die Beine zu stellen? Musste ein Ausstieg des Investors vollzogen werden, obwohl die Zeit noch optimal war? All dies sind Hinweise auf mangelnde Flexibilität, wenn es darauf besonders ankommt.
Branchen-Know-how
Lange Zeit galt die Branchenerfahrung eines Eigenkapitalgebers – vor allem erkennbar an der bisherigen Historie seiner Beteiligungen – als wichtiges Auswahlkriterium für einen Verkäufer. So wertvoll Branchen- und Marktkenntnisse auch weiterhin sind, zeigen sich gerade in Zeiten der digitalen Transformation, wie wertvoll auch der branchenübergreifende Strategie- und Erfahrungstransfer für eine strukturierte Entwicklung des Unternehmens ist. So kann ein thematisch breit aufgestellter Finanzinvestor beispielsweise neue Impulse für Geschäftsmodelle geben oder weiß besser, worauf es bei der Modernisierung von IT-Systemen ankommt. Auch das Thema Fachkräftemangel bremst aktuell viele Unternehmen bei ihren Wachstumsplänen. Ein Eigenkapitalgeber, der hier weiterhelfen kann, kann sehr wertvoll sein.
Belastbares Expertennetzwerk
Da die Anforderungen an und von Unternehmen sich immer weiter ausdifferenzieren, wird selbst ein sehr großer Eigenkapitalgeber das notwendige Know-how nicht intern vorhalten können. Umso wichtiger ist darum das Kontaktnetzwerk des Finanzinvestors. Wie belastbar das ist, können Sie auch hier wieder am Track Record vorhergehender Beteiligungen sehen. Und hier ist tatsächlich Größe entscheidend: Eigenkapitalgeber mit einer langen Historie und zahlreichen Beteiligungen können schneller zeigen, dass sie auch für neue Ansätze und Unerwartetes den passenden Berater, Begleiter oder Manager zur Verfügung stellen können.
Rollenverteilung
Wünschen Sie sich einen Eigenkapitalgeber, der auch das Tagesgeschäft übernimmt? In manchen Situationen, beispielsweise in der Krise, mag dieser Ansatz sehr hilfreich sein. Wenn Sie allerdings auch nach einem Anteilverkauf weiter Geschäftsführer bleiben möchten oder ein bestehender Manager Ihnen nachfolgen soll (zum Beispiel im Rahmen eines Management Buy out), kann dieser weitreichende Einfluss irritieren.
Klären Sie darum im Vorfeld, welche Rollenerwartung Sie an den Finanzinvestor haben und wie er sich selbst definiert. Vielleicht kann und soll er ja auch externe Manager in das Unternehmen einbringen (Management Buy In)? Eigenkapitalgeber konzentrieren sich häufig auf eine strategische Begleitung, meist durch ein Aufsichtsratsmandat – das lässt dem Unternehmen Entscheidungsfreiräume, sichert aber auch die berechtigten Interessen des neuen Gesellschafters.
Regionale Nähe
Und schließlich sind auch ganz praktische Aspekte nicht zu vernachlässigen. Wie schnell reagiert Ihr Eigenkapitalgeber auf Rückfragen? Finden Treffen immer nur (video)telefonisch statt oder persönlich? Geht das auch spontan oder muss der Beteiligungsmanager erst aus London einfliegen? Wie gut kennt der Investor das deutsche Rechtssystem, aber auch heimische Usancen? Die meisten angelsächsischen Finanzinvestoren beschäftigen Deutsche für ihre deutschen Beteiligungen – doch gilt das auch für seinen Stellvertreter? Wie gut Sie sich, Ihre ehemaligen Kollegen in der Geschäftsführung und Mitarbeiter, vielleicht sogar Kunden und Lieferanten, mit dem Eigenkapitalgeber verstehen, ist auch immer eine unternehmenskulturelle Frage. Ein Finanzinvestor mit Zentrale in den USA wird häufig anders geführt als ein klassischer Mittelstandsinvestor aus Deutschland. Prüfen Sie vorab, ob dies zu Ihnen und dem Unternehmen passt.
Vertrauenswürdiges Verhalten
Am Ende, wenn Sie die obenstehenden Faktoren nüchtern analysiert haben, entscheidet auch die klassische „Chemie“ zwischen Ihnen und dem Eigenkapitalgeber. Hält er Wort oder rudert er im Laufe von Verhandlung hinter bereits Zugesagtes zurück? Schätzen Sie den gemeinsamen Austausch, fühlen Sie sich gegenseitig auf Augenhöhe und respektieren Sie die Argumente Ihres Gegenübers (und er Ihre)? Wie beurteilen andere Unternehmer die Erfahrungen mit Ihrem potenziellen Käufer? Fragen Sie nach Referenzen und lassen Sie auch Ihren M&A-Berater Stimmen einholen.
Unsere Empfehlung: Die Auswahl des Eigenkapitalgebers
Der Verkaufspreis ist natürlich sehr wichtig – aber entscheidend ist auch, ob der Eigenkapitalgeber zu Ihnen und Ihrem Unternehmen passt. Durch die regionale Verbundenheit und manchmal sogar die Verbindung im Unternehmensnamen liegt vielen Unternehmern eine faire, nachhaltig erfolgreiche Fortführung ihres Hauses am Herzen. Unser Tipp: Setzen Sie sich einen realistischen Mindestgebotspreis als Kriterium für die Short List. Doch achten Sie bei der finalen Entscheidung für einen Käufer darauf, welche Vorteile er sonst noch hat wie: Netzwerk, finanzielle Flexibilität und einen vertrauensvollen Umgang mit allen Beteiligten.
Text: VR Equitypartner GmbH
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